Anatomische Grundlagen SHF, Häufigkeit
Die proximale Femurfraktur ist eine der häufigsten Frakturen im höheren Lebensalter und stellt eine erhebliche medizinische und sozioökonomische Herausforderung dar. Schenkelhalsfrakturen, die innerhalb des Hüftgelenks auftreten, werden anhand ihrer Lage und ihrer klinischen Relevanz klassifiziert. Dabei unterscheidet man zwischen medialen (intrakapsulären), intermediären (Übergangs-) und lateralen (extrakapsulären) Frakturen.
Anatomie und Bedeutung
Der Schenkelhals verbindet den Oberschenkelschaft mit dem Hüftkopf und wird vor allem über die Arteria circumflexa femoris medial und lateral versorgt. Eine Fraktur in diesem Bereich kann insbesondere bei intrakapsulären Brüchen die Blutversorgung des Hüftkopfes erheblich gefährden und zur Hüftkopfnekrose führen. Die Stabilität und das Heilungspotenzial einer Schenkelhalsfraktur hängen daher maßgeblich von ihrer genauen Lokalisation, der Durchblutungssituation, operativen und Rehabilitativen Nachsorge ab.
Häufigkeit und epidemiologische Relevanz
Schenkelhalsfrakturen treten mit zunehmendem Alter deutlich häufiger auf und sind oft mit einer bestehenden Osteoporose assoziiert. Die Inzidenz liegt in den Industrieländern zwischen 150 und 250 pro 100.000 Personen pro Jahr. Frauen sind aufgrund der postmenopausalen Osteoporose häufiger betroffen als Männer, mit einem Lebenszeitrisiko von etwa 11–23 % gegenüber 5–11 % bei Männern. Da die Bevölkerung immer älter wird, ist ein weiterer Anstieg dieser Frakturen zu erwarten.
Altersspezifische Herausforderungen und Behandlungskonzepte
Im höheren Lebensalter spielen neben der Frakturlokalisation auch Komorbiditäten und die funktionelle Reserve des Patienten eine entscheidende Rolle bei der Therapieentscheidung. Während bei jüngeren Patienten eine gelenkerhaltende Osteosynthese bevorzugt wird, erfolgt bei älteren, multimorbiden Patienten häufig eine primäre Endoprothese, um eine schnelle Mobilisation zu ermöglichen und immobilitätsbedingte Komplikationen wie Thrombosen, Pneumonien oder Dekubitus zu vermeiden. Die operative Versorgung sollte gemäß aktueller Leitlinien innerhalb von 24 bis 48 Stunden erfolgen, um Mortalität und Komplikationsrisiken zu minimieren.
Diese Faktoren bestimmen das individuelle therapeutische Vorgehen und unterstreichen die Bedeutung einer interdisziplinären Versorgung zwischen Unfallchirurgie, Geriatrie und Rehabilitation. In den folgenden Abschnitten werden die verschiedenen Formen der Schenkelhalsfraktur detailliert beschrieben und ihre therapeutischen Optionen erläutert.
Einteilung SHF nach Lage der Fraktur
1. Mediale Schenkelhalsfraktur (intrakapsuläre Fraktur)
- Lage: Die Fraktur befindet sich innerhalb der Gelenkkapsel (intrakapsulär), in der Nähe des Hüftkopfes.
- Bedeutung: Diese Frakturen haben eine hohe Relevanz, da der Hüftkopf durch die Arteria circumflexa femoris versorgt wird. Eine mediale Fraktur kann die Blutversorgung zum Hüftkopf beeinträchtigen, was zu einer Hüftkopfnekrose führen kann.
- Behandlung: Aufgrund der Gefahr einer gestörten Durchblutung und Hüftkopfnekrose werden mediale Frakturen häufig durch eine Hüftprothese oder durch Osteosynthese mit Schrauben oder Platten behandelt.
Weitere Einteilungen und Klassifikationen
Es gibt weitere Einteilungen, besonders der medialen Schenkelhalsfraktur. Diese sind 'meines Erachtens' primär für operativ tätige Mitarbeiter:innen wichtig, da sie sich auf verschiedene für die Wahl des OP-VErfahrens entscheidende Aspekte beziehen:
- Mechanische Stabilität - Pauwels-Einteilung
- Garden - Durchblutungssituation
- AO - Detaillokalisation, Versorgung
2. Intermediäre Schenkelhalsfraktur (Übergangsfraktur)
- Lage: Diese Fraktur liegt im mittleren Bereich des Schenkelhalses, also zwischen der medialen und lateralen Zone. Sie befindet sich in einem Übergangsbereich zwischen intrakapsulären und extrakapsulären Frakturen.
- Bedeutung: Intermediäre Schenkelhalsfrakturen können sowohl die Stabilität des Schenkelhalses als auch die Blutversorgung beeinträchtigen. Die Klassifizierung kann schwanken, je nachdem, wie weit die Fraktur in die mediale oder laterale Zone reicht.
- Behandlung: Die Behandlung richtet sich nach der Stabilität der Fraktur und dem Risiko einer Durchblutungsstörung. Je nach Frakturtyp kann eine Osteosynthese (meist Schrauben oder Platten) oder eine Endoprothese erforderlich sein.
3. Laterale Schenkelhalsfraktur (extrakapsuläre Fraktur)
- Lage: Diese Fraktur liegt außerhalb der Gelenkkapsel (extrakapsulär), in Richtung des Trochanter major (großer Rollhügel).
- Bedeutung: Da diese Fraktur den extrakapsulären Bereich betrifft, ist die Blutversorgung des Hüftkopfes in der Regel nicht beeinträchtigt. Sie ist mechanisch bedingt und wird häufig durch Trauma oder Stürze verursacht.
- Behandlung: Laterale Frakturen sind stabiler als mediale Frakturen und können häufig durch dynamische Hüftschrauben (DHS) oder intramedulläre Nägel stabilisiert werden.
Zusammenfassung:
- Mediale Frakturen: Intrakapsulär, hohes Risiko für Hüftkopfnekrose, häufig Prothesen oder Osteosynthese.
- Intermediäre Frakturen: Übergangszone zwischen medial und lateral, Kombination aus stabilitäts- und versorgungsrelevanten Aspekten.
- Laterale Frakturen: Extrakapsulär, geringeres Risiko für Durchblutungsstörungen, mechanisch bedingte Stabilität, oft weniger invasive Fixation.
Quellenangaben
[Faust et al., 2024]
Faust, L.-M., Keppler, A. M., Schöneberg, C., Liener, U. C., Böcker, W., & Neuerburg, C. (2024). Proximale Femurfrakturen. Osteologie, 33, 236–242. https://doi.org/10.1055/a-2358-1574
[Luther, 2003]
Luther, D. (2003). Der Proximale Femurnagel im Vergleich mit der Dynamischen Hüftschraube und dem Gammanagel bei der Osteosynthese hüftgelenknaher Femurfrakturen. https://hss-opus.ub.ruhr-uni-bochum.de/opus4/frontdoor/index/index/docId/1009