Blog
Lehre

Beugesehnenruptur Erfolgreich Therapieren: Fachgerechte Nachbehandlung & Reha

Medizinische Illustration der Beugesehnen mit nummerierten Markierungen für therapeutische und diagnostische Zwecke

Beugesehnenruptur erfolgreich therapieren: Entscheidende Nachbehandlung für Physios & Ergos

Die richtige Rehabilitation nach Sehnenverletzung bestimmt den Therapieerfolg. Lerne, wie Physiotherapie und Ergotherapie nach einer Beugesehnennaht ablaufen, welche Übungen wichtig sind und warum eine gezielte Nachbehandlung für Patienten entscheidend ist.

Von
Peter "Doc" Moritz
Feb 2025
Update
Min
Feb 2025
Update

Beugesehnenruptur Erfolgreich Therapieren: Fachgerechte Nachbehandlung & Reha

Die richtige Rehabilitation nach Sehnenverletzung bestimmt den Therapieerfolg. Lerne, wie Physiotherapie und Ergotherapie nach einer Beugesehnennaht ablaufen, welche Übungen wichtig sind und warum eine gezielte Nachbehandlung für Patienten entscheidend ist.

By
Peter "Doc" Moritz
Medizinische Illustration der Beugesehnen mit nummerierten Markierungen für therapeutische und diagnostische Zwecke

Beugesehnenruptur erfolgreich therapieren: Entscheidende Nachbehandlung für Physios & Ergos

Eine Beugesehnenruptur (Riss einer oder mehrerer Sehnen, die für die Fingerbeugung verantwortlich sind) kann für Patienten drastische Folgen haben – ohne die richtige Therapie drohen Bewegungseinschränkungen oder sogar Funktionsverlust der Hand. Physiotherapeuten und Ergotherapeuten spielen eine zentrale Rolle in der Rehabilitation. Dieser Artikel zeigt, welche Maßnahmen entscheidend sind und warum die Kleinert-Schiene oft die beste Wahl ist.

1. Was ist eine Beugesehnenruptur?

Anatomie und Funktion der Beugesehnen

Die Beugesehnen (M. flexor digitorum profundus & superficialis) sind für das Greifen unerlässlich. Sie verlaufen durch das osteofibröse System (ein Kanal aus Knochen und Bindegewebe, der die Sehnen führt) der Hand und sind durch Ringbänder fixiert. Eine Verletzung führt dazu, dass die aktive Beugung des betroffenen Fingers nicht mehr möglich ist.

Ursachen einer Beugesehnenverletzung

  • Schnittverletzungen durch Messer oder Glasscherben
  • Plötzliche Krafteinwirkung (z. B. Abriss der Sehne durch hohen Zug)
  • Degenerative Veränderungen (Abnutzung oder Entzündungen, die die Sehne schwächen)

2. Warum ist die richtige Nachbehandlung entscheidend?

Eine Beugesehnenverletzung kann operativ versorgt werden – aber der eigentliche Therapieerfolg hängt von der richtigen Nachbehandlung ab. Ohne gezielte Mobilisation drohen:

  • Adhäsionen (Verklebungen der Sehne im Gewebe) → Eingeschränkte Beweglichkeit
  • Überlastung & Rupturen (erneutes Reißen der Sehne) → Gefahr des Nahtversagens
  • Beugekontrakturen (dauerhafte Verkrümmung der Finger) → Verlust der vollen Streckfähigkeit

Daher ist eine strukturierte Rehabilitation entscheidend, um Funktionseinbußen zu vermeiden.

3. Die Kleinert-Schiene in der Physiotherapie & Ergotherapie

Die Kleinert-Schiene ist ein bewährtes Konzept zur Rehabilitation nach einer Beugesehnennaht.Funktionsweise der Kleinert-SchienePassive Flexion: Durch Gummizügel wird die Beugung ohne Muskelkraft durchgeführt.
Aktive Extension: Der Patient kann die Finger selbstständig strecken.
Schutz der Sehne: Kontrollierte Bewegungen vermeiden eine Überlastung.Vergleich mit anderen Methoden

  • Duran-Houser-Protokoll: Ebenfalls passiv, jedoch ohne Gummizüge
  • Frühe aktive Bewegung (Small-Protokoll): Schneller Funktionsgewinn, aber höheres Rupturrisiko

Die Kleinert-Methode bleibt der Goldstandard, insbesondere für Patienten mit geringer Compliance (Zuverlässigkeit bei der Einhaltung der Therapie).

[^Spitzmüller Simon]

4. Reha nach Beugesehnenverletzung: Bewegung ja, Belastung nein

Die Rehabilitation erfolgt in drei Phasen, um eine sichere Heilung der Sehne zu gewährleisten.Woche 1–4: Schutz & passive Bewegung

  • Schiene: Handgelenk in 30–40° Flexion, MCP (Grundgelenke) in 60–70° Flexion, IP (Fingerend- und Mittelgelenke) in 0° Stellung.
  • Übungen: Passive Extension und Flexion der Gelenke alle 2 Stunden, um Verklebungen zu vermeiden.
  • Narbenmanagement: Ab Woche 2 gezielte Narbenmassage zur Verbesserung der Gewebeelastizität.

Woche 5–8: Erste Eigenaktivität

  • Schienenanpassung: Reduktion der Beugung für mehr Bewegungsfreiheit.
  • Aktive Bewegung: Ab Woche 6 aktive Beübung des Handgelenks, um die Sehnenmobilität zu verbessern.
  • Place-and-Hold-Übungen: Der Finger wird passiv in Beugung gebracht und dann aktiv gehalten.
  • Gezielte Daumenübungen: Abduktions-, Adduktions- und Oppositionsübungen zur Wiederherstellung der Funktion.

Woche 9–12: Kontrollierte Belastung

  • Widerstandsübungen: Erste leichte Belastungen zur Kräftigung der Muskulatur.
  • Alltagsintegration: Langsame Steigerung der Belastung in täglichen Aktivitäten.
  • Vollbelastung: Ab Woche 12 ist eine schrittweise Rückkehr zur normalen Funktion möglich.

Diese schrittweise Rehabilitation stellt sicher, dass die Sehne geschützt bleibt, aber gleichzeitig optimal mobilisiert wird, um die Beweglichkeit langfristig zu erhalten​ n. [^Asmus et al., 2015].

Vermeiden:
❌ Frühe Kraftbelastung
❌ Unkontrollierte Streckbewegungen

Erlaubt:
✅ Passive Mobilisation
✅ Kontrollierte Sehnengleitübungen

Der entscheidende Punkt: Bewegung ja – aber keine Überlastung der frisch operierten Sehne!

5. Moderne Alternativen: Ist die Kleinert-Schiene noch zeitgemäß?

Neue Nahttechniken wie die 4- oder 6-Strang-Naht haben in den letzten Jahren die Belastbarkeit von Sehnennähten deutlich verbessert.

Vergleich der Nahttechniken

  • 2-Strang-Naht: Standardtechnik, aber begrenzte Reißfestigkeit.
  • 4-Strang-Naht: Erhöhte Stabilität und frühere Belastbarkeit.
  • 6-Strang-Naht: Noch höhere Reißfestigkeit, aber technisch anspruchsvoller.

Studien zeigen, dass Mehrstrangtechniken eine frühere Mobilisation ermöglichen, weil sie die Belastbarkeit der Naht steigern. Allerdings verlängert sich dadurch die Operationszeit, und die Sehne wird durch das zusätzliche Nahtmaterial etwas steifer [^Langer, 2014]

Frühe aktive Nachbehandlung – Chance oder Risiko?

Die verbesserte Reißfestigkeit moderner Nähte hat dazu geführt, dass aktive Bewegungsprotokolle früher begonnen werden können. Voraussetzung dafür ist jedoch:
Stabile 4- oder 6-Strang-Naht
Gute Compliance (Therapietreue) des Patienten
Ausreichende Weichteildeckung der Sehne

Allerdings zeigen einige Studien, dass die Rerupturrate bei aktiver Nachbehandlung erhöht sein kann, besonders wenn Patienten die Belastungsgrenzen überschreiten​.

Wann die Kleinert-Methode weiterhin sinnvoll ist

Die Kleinert-Schiene bleibt ein Goldstandard – besonders für Patienten mit eingeschränkter Compliance oder hohem Rupturrisiko.

  • Bei Patienten mit geringerer Compliance (z. B. mangelndem Therapieverständnis oder unzuverlässiger Nachsorge).
  • Bei komplexen Beugesehnenverletzungen, die ein schrittweises, sicheres Rehabilitationsprotokoll erfordern.
  • Wenn das Risiko für sekundäre Sehnenschäden (z. B. durch Adhäsionen oder Reibung an der Nahtstelle) minimiert werden soll.
  • Reha-Konzepte mit stufenweiser Belastungssteigerung

Wann moderne Methoden besser geeignet sind

  • Frühe aktive Bewegung für schnelleres Funktionsniveau bei stabilen Nähten
  • Dynamische Schienen mit individuell regulierbarer Bewegung

Die individuelle Anpassung des Therapieplans ist entscheidend für den langfristigen Erfolg.

Fazit: Erfolg liegt in der Nachsorge

Die OP legt die Basis, doch die richtige Nachbehandlung entscheidet über die Wiederherstellung der Handfunktion. Eine sorgfältige, stufenweise Reha nach Kleinert kann Komplikationen minimieren und die volle Beweglichkeit sichern.📢 Deine Meinung: Welche Erfahrungen hast du mit Beugesehnenverletzungen gemacht? Teile sie in den Kommentaren!

Quellenverweise:

[^Asmus et al., 2015]  
Asmus, A., Kim, S., Millrose, M., Jodkowski, J., Ekkernkamp, A., & Eisenschenk, A. (2015). [Rehabilitation after flexor tendon injuries of the hand]. Der Orthopade, 44(10), 786–802. https://doi.org/10.1007/s00132-015-3160-6  

[^Spitzmüller Simon]
Simon Spitzmüller, Kleinert, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

[^Langer, 2014]
Die Rehabilitation nach Beugesehnenverletzungen der Hand.    Langer, M. (2014). Die Rehabilitation nach Beugesehnenverletzungen der Hand M. Langer OUP 2014; 5: 220-224 (Rehabilitation of flexor tendon injuries). Orthopädische und Unfallchirurgische Praxis, 5, 220–225. https://doi.org/10.3238/oup.2014.0220–0224  

Peter "Doc" Moritz in der medizinischen Lehrveranstaltung
Veröffentlicht
Letztes Änderungsdatum
6.2.2025
Sammelband mit allen Artikel in der Reihe

Traumatologie für Spezielle Krankheitslehre

Diese Serie befasst sich mit Fragen zur Traumatologie in der medizinischen Lehre für Physiotherapeut:innen, Pflegefachkräfte, Ergotherapeut:innen. Ideal für Prüfungen im Arztfach Chirurgie- Traumatologie

Deine zentraler Anlaufpunkt für praxisorientiertes, fundiertes Wissen, damit du den Überblick behältst.

Alle relevanten Artikel an einem Ort.  Finde schnell alle Informationen, die Du brauchst.

Bookmarke diesen Sammelband und greife jederzeit auf alles zu ohne lange zu suchen.

Weitere Stories zum Thema:

Lehre Medizin

Peter "Doc" Moritz in der medizinischen Lehrveranstaltung